Unterhaltsvorschuss bei umfangreicher Betreuung des anderen Elternteils
von Gregor Noack
Fachbereich: Familienrecht
Ein Elternteil kann für ein Kind Unterhaltsvorschuss beantragen, wenn er dieses allein erzieht und der andere Elternteil keinen Unterhalt leistet.
Dies bedeutet für den anderen Elternteil in der Regel, dass er sich den Forderungen der Unterhaltsvorschusskasse (Auskunft, Erstattung des gezahlten Unterhalts) gegenüber sieht und sich gegen diese Forderungen ggf. verteidigen muss. Hierbei handelt es sich um zivilrechtliche Forderungen der Unterhaltsvorschusskasse (d.h. der Unterhaltsanspruch des Kindes geht - soweit er besteht - auf die Unterhaltsvorschusskasse über).
Neben der mangelnden Leistungsfähigkeit kann aber auch eingewandt werden, dass der in Anspruch genommene Elternteil das Kind umfassend betreut.
Die Richtlininen des Familienministeriums zum Unterhaltsvorschussgesetz enthalten hier folgende Regelungen (Ziffer 1.3 der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes in der ab 1. Juli 2017 gültigen Fassung):
Unerheblich ist, wer die elterliche Sorge innehat. Dies gilt auch, wenn beide Eltern die elterliche Sorge gemeinsam innehaben. Beteiligt sich auch der andere Elternteil in wesentlichem Umfang an der Erziehung und Betreuung, ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, um festzustellen, ob eine Alleinerziehung im Sinne von § 1 Absatz 1 Nr. 2 UVG vorliegt. Hervorzuheben ist, dass auch, wenn der andere Elternteil sich wesentlich beteiligt, die überwiegende Erziehungsverantwortung eindeutig bei dem einen Elternteil liegen kann. Ist nicht eindeutig festzustellen, bei welchem Elternteil das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, ist der Anspruch auf UV-Leistung auszuschließen.
Wenn die tatsächliche Personensorge unter den Eltern gleichmäßig verteilt wird, also wenn das Kind regelmäßig die Hälfte der Zeit bei dem anderen Elternteil lebt, ist eine Alleinerziehung nicht gegeben. Lebt das Kind ein Drittel bis zur Hälfte der Zeit bei dem anderen Elternteil, ist eine Einzelfallprüfung erforderlich (einschränkender VG Berlin, Urteil vom 27.09.2016, Az. 21 K 111.16, wonach Alleinerziehung bereits bei 1/3 Mitbetreuung ausgeschlossen ist und sogar ausgeschlossen sein kann, wenn der Umfang der Mitbetreuung durch den anderen Elternteil weniger als 1/3 der Betreuungszeit ausmacht, dieser aber das Fehlen der 1/3-Schwelle durch außergewöhnliche Betreuungsleistungen kompensiert).
Bei einer Inanspruchnahme des anderen Elternteils sollte daher unbedingt zu den Betreuungsverhältnissen und auch zur konkreten Verantwortungsübernahme Stellung genommen werden.
Noack · Lubig · Mors
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